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  • 04. Dezember 2018 ― Lesezeit: 6 Minuten

    GRAWE Generaldirektor Klaus Scheitegel im Interview – Teil 1

    Wir haben die Sommermonate genutzt und Generaldirektor Mag. Klaus Scheitegel für unseren Blog zum Interview gebeten. In zwei Teilen lesen Sie, was die GRAWE, die heuer ihren 190. Geburtstag feiert, seiner Meinung nach ausmacht und welchen Herausforderungen ein großes Versicherungsunternehmen derzeit gegenübersteht.
    Generaldirektor Klaus Scheitegel

    GRAWE: Fast eineinhalb Jahre ist es her, dass Sie Dr. Othmar Ederer als Generaldirektor in einem Traditionsunternehmen nachfolgten, das auf den großen steirischen Wohltäter Erzherzog Johann als Gründer zurückreicht. Wie ist Ihre persönliche Bilanz als Generaldirektor der GRAWE?

    Zum einen habe ich eine persönliche Bilanz, zum anderen gibt es eine Bilanz des Vorstands bzw. des Vorstandsteams. Zu diesem gehören selbstverständlich auch Generaldirektor-Stellvertreter Dr. Gernot Reiter, Vorstandsdirektor Mag. Gerald Gröstenberger und Vorstandsdirektor MMag. Georg Schneider. Wir sehen uns – wie auch in der Vergangenheit - als starkes Vorstandsteam. Die GRAWE wird nämlich keineswegs durch eine Person, sondern durch uns als Führungsteam geleitet. Ich habe die Ehre, diesem Führungsteam vorzustehen, und die Bilanz von uns, aber auch von mir persönlich fällt positiv aus; dies aus mehreren Gründen.

    Dass der Vorstandswechsel so reibungslos gelungen ist, ist zweifellos ein Verdienst von Othmar Ederer, der diesen Prozess lange mit uns gemeinsam vorbereitet und umgesetzt hat. Die Tatsache, dass er nach wie vor für uns verfügbar ist, erleichtert uns die tägliche Arbeit, zumal er als Know-how-Träger für uns alle sehr wichtig ist.

    Zudem sind wir vier Vorstandsmitglieder schon seit Jahrzehnten in der GRAWE tätig, das heißt, wir kennen die GRAWE. Ich selbst bin seit 25 Jahren im Unternehmen - hier nehme ich für mich in Anspruch, schon zu wissen, wie die GRAWE tickt, und umgekehrt - die GRAWE weiß auch, wie ich ticke.

    Dies bedeutet wiederum, dass die GRAWE seit 1.7. des letzten Jahres nicht von heute auf morgen eine andere Gesellschaft ist, ganz im Gegenteil. Nunmehr ist es unsere Aufgabe, in jenem Zeitraum, in welchem wir die Chance haben, dieses Unternehmen zu führen, das Optimum für die GRAWE „herauszuholen“.

    Unser zweiter großer Vorteil war, dass wir schon in der Vergangenheit zusammengearbeitet haben, dies auf den verschiedensten Ebenen. Zudem haben wir alle GRAWE-Auslandserfahrung – Gernot Reiter und Gerald Gröstenberger in Kroatien, Georg Schneider in Bosnien und Herzegowina und ich selbst in Slowenien. Das bedeutet, wir hatten auch die Möglichkeit, den Konzern aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, was ein durchaus erheblicher Vorteil ist.

    Das erste Jahr im neuen Vorstand war sehr arbeitsintensiv für uns. Es ist uns gelungen, relativ zügig einige Projekte zu starten, weiterzuführen und zu finalisieren. Es ist nicht so, dass wir gewisse Dinge seit 1.7. des letzten Jahres neu erfunden haben, vielmehr stiegen wir in einen fahrenden Zug ein. Gewisse Projekte laufen bei uns über Jahre, das heißt, wir haben etliche Dinge übernommen, manche neu konzipiert. Selbstverständlich hat jeder von uns einen individuellen Stil und auch wir vier als Kollektiv haben einen eigenen Stil. Natürlich unterscheiden wir uns von Vorständen anderer Generationen, das liegt in der Natur der Sache, es liegt in der Persönlichkeit, in der neuen Technik, wir kommunizieren vielleicht anders miteinander, etc.

    Im Ergebnis kann ich sagen, es ist eine positive Bilanz. Mir ist es wichtig, zu betonen, dass diese Bilanz eine kollektive Bilanz ist, nicht nur vom Vorstandsteam, sondern letztendlich vom gesamten Haus. Die Bilanz und der Erfolg unseres Hauses ist ein Erfolg von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Hierzu passt der oft zitierte Spruch von Erzherzog Johann meines Erachtens sehr gut: „In der Eintracht Vieler liegt die Kraft, die das Gute bewirkt.“ Ich erachte diesen Leitspruch unseres Unternehmens als absolut treffend, obwohl er schon über 170 Jahre alt ist. Der Teamgedanke ist uns wichtig. Genauso wie wir miteinander umgehen, so nimmt uns der Kunde wahr. Wir sind ein unglaublich transparentes Haus. Daher ist es uns ein großes Anliegen, das Thema Firmenkultur immer wieder in Erinnerung zu rufen, und wir legen darauf Wert, dass die Abläufe innerhalb des Hauses stimmen. Das ist zweifelsohne eines der Erfolgsgeheimnisse der Grazer Wechselseitigen Versicherung.

    GRAWE: Die Bilanz der GRAWE für das Jahr 2017 fällt auch überaus positiv aus. Was hält das Geschäftsjahr 2018 weiterhin für die GRAWE bereit?

    Wir haben die ersten drei Quartale des Jahres 2018 bereits hinter uns gebracht und können sagen, dass wir durchaus gleich erfolgreich sind wie im Vorjahr. 2017 war allerdings bereits ein sehr schadenbelastetes Jahr. Dies ist auch 2018 nicht anders. Ein Hauptthema sind zweifellos die vielen Unwetter, mit deren Folgen wir weiterhin kämpfen. Hagelschäden, Hochwasserschäden, Schäden durch Muren - das ist aktuell das Los der Versicherungen. Die Finanzmärkte haben sich dennoch weitestgehend stabil gehalten. Wir können also schon jetzt sagen, dass wir durchaus zufrieden sein können. Die Performance unseres Hauses ist sehr gut, wir sind alle miteinander sehr fleißig.

     

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    GRAWE: Ein weiteres für die Versicherungsbranche wichtiges Thema ist der Klimawandel: Wie kann man als Versicherungsunternehmen auf die klimatischen Umwälzungen reagieren, welche neuen Modelle müssen entwickelt werden?

    Die stetigen klimatischen Veränderungen führen dazu, dass sich die Wetterverhältnisse ändern und sich insbesondere die Anzahl der Unwetter sowie extremer Wetterlagen erhöht. Was heuer passiert ist, kann man durchaus mit Physik erklären: Ein Grad mehr Temperatur bedeutet 7 % mehr Luftfeuchtigkeit. Wenn es keine Luftbewegung gibt, muss das, was hinaufsteigt, irgendwann auch wieder herunterkommen. Wir hatten heuer den wärmsten April und dementsprechend in den Monaten April und Mai einige Starkregen-Ereignisse. Die an unser Unternehmen gerichtete Frage lautet daher, welche Maßnahmen wir als Versicherer ergreifen können. Zunächst versuchen wir, die Kunden über die Medien und unsere Mitarbeiter auf die neuen Risiken hinzuweisen. Wir möchten beim Kunden für ein Risikobewusstsein sorgen. Des Weiteren kommt dem Thema der Prävention eine erhebliche Bedeutung zu. Es ist nicht nur Aufgabe des Versicherers, im Nachhinein den Schaden zu ersetzen, sondern ebenso, die Öffentlichkeit und die Kunden im Vorfeld darauf hinzuweisen, dass man etwas tun kann, um Schäden durch Sturm, Hagel und Hochwasser zu verringern. Hier sind beispielsweise bauliche Vorkehrungen angesprochen, etwa im Bereich der Dachungen Verstärkungen, Rückstauklappen oder aber auch bauliche Erhöhungen bei Lichtschächten und Häusern. Ebenso nützt ein offener Carport keinem, wenn der Hagel von der Seite kommt.

    Die Versicherungswirtschaft leistet im Bereich der Prävention ebenso ihren Beitrag. Besonders erwähnen möchte ich das System HORA, ein Hochwasserzonierungssystem, an dessen Entwicklung die GRAWE auch federführend mitgearbeitet hat. Dieses System ermöglicht es dem Versicherten, online die Risikosituation seines Hauses zu beurteilen und Auskunft darüber, in welchem Hochwasserzonierungsgebiet dieses liegt, zu erlangen. HQ 100, HQ 30 und viele mehr – das sind die dann zu ergreifenden Präventionsmaßnahmen. Wenn diese Maßnahmen ausgeschöpft sind, geht es noch darum, eine Adäquanz zwischen Risiko und Prämie herzustellen. Auf ein erheblich höheres Risiko muss der Versicherer mit umfassender Information seiner Kunden über Präventionsmaßnahmen, aber auch mit Prämienerhöhungen reagieren.

    Es gibt – für den Versicherer und den Kunden - daher viel zu tun. Trotz aller anderer Finanzthemen, die die Versicherer zu lösen haben, müssen wir uns immer intensiv mit dem Risiko auseinandersetzen. Die Risikobilder ändern sich stetig, nicht nur im Bereich der Naturkatastrophen. Beispielsweise wurden heuer vermehrt tödliche Motorradunfälle verzeichnet. Obwohl sich die Verkehrstoten in den letzten Jahren laufend reduziert haben, mussten wir heuer bedauerlicherweise einen entgegengesetzten Trend feststellen. Dies sind Dinge, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.

    Ein weiteres Risiko ist die Batterietechnik, zumal momentan verstärkt E-Bikes in Brand geraten. Dies betrifft auch unser Smartphone, den Laptop oder Drohnen. Die sichere Verwahrung und Entsorgung dieser Batterien erweisen sich als schwierig. Der technische Fortschritt bedeutet daher immer auch einen Analyse- und Handlungsbedarf für den Versicherer. Es existiert keine risikolose Technik, das muss uns klar sein.

    Die großen Eckpunkte der Versicherungswirtschaft sind daher zum einen Digitalisierung und Mobilität, zum anderen NatKat, also Naturkatastrophen.

    GRAWE: Stichwort Digitalisierung: Für manche eine Chance, für viele ein Schreckgespenst. Welchen Weg wird die GRAWE unter Ihrer Führung beschreiten?

    Die GRAWE war immer sehr IT-affin. Wir haben in den 1960er-Jahren schon den ersten Computer eingesetzt, wir haben Datenrückfluss-Systeme entwickelt und sind immer stark mit der technischen Entwicklung mitgezogen. Wir waren der erste Versicherer, der überhaupt vom Großrechner in die Serverwelt gegangen ist. Alle jene, die glauben, dass Digitalisierung ein Thema ist, welches wir verabsäumt haben, aufzugreifen, und dass uns andere einen Schritt voraus sind, täuschen sich. Ich selbst sehe die Digitalisierung als Chance und nicht als Risiko. Sie ermöglicht uns, unsere Prozesse zu optimieren, einfacher und benutzerfreundlicher zu gestalten. Zudem können wir auch neue, interessante Arbeitsplätze anbieten. Für mich bedeutet Digitalisierung nämlich nicht den Verlust von Arbeitsplätzen, ganz im Gegenteil. Ich sehe es vielmehr so, dass wir die Digitalisierung mit Personalisierung verbinden müssen. Wir können nicht alle unsere Prozesse durch Maschinen ersetzen, vielmehr sind wir in einer beratungs- und kommunikationsintensiven Branche. Zudem spielen gerade beim Versicherungsschutz viele individuelle Komponenten eine Rolle, die durch standardisierte, technische Lösungen nicht hinreichend berücksichtigt werden können.

    Wir stellen jedoch nicht nur den Kunden, sondern auch den Mitarbeiter in den Mittelpunkt der Digitalisierung. Hierzu gebe ich Ihnen ein Beispiel aus unserem Konzern. Wir haben eine Online-Bank gegründet, die DADAT Bank, mit Sitz in Salzburg. Im Ergebnis hat unser Konzern hierdurch über 20 hochqualifizierte Arbeitsplätze geschaffen und keine Arbeitsplätze vernichtet. Aber auch der Erfolg der DADAT Bank zeigt: Neue Techniken und Kommunikationswege werden zum Standard. Die neue Generation kommuniziert anders, arbeitet anders und greift vielleicht eher zu WhatsApp, bevor sie telefoniert. Ein weiteres Beispiel ist die gefeierte Blockchain-Technologie, die alle Prozesse neu aufsetzt. Ich denke, wenn man das Kernmodell seines Geschäftsprozesses kennt und dieses stabil und sicher ist, dann stellen auch diese Technologien keine Gefahr dar, sondern – ganz im Gegenteil – wir können sie nützen.

    GRAWE: Abschließend noch ein kurzer Rückblick: Was würden Sie heute Ihrem 26-jährigen Ich raten, welches mit viel Motivation am Anfang seiner Karriere steht?

    Offen zu sein und, dass ein Weg immer mit einem ersten Schritt beginnt! Gerade mit Mitte Zwanzig und einer abgeschlossenen Ausbildung muss man die Welt mit offenen Augen betrachten. Dies beziehe ich speziell auch auf unseren Konzern. Wir sind in 13 Ländern vertreten, wir haben 15 Versicherungstochtergesellschaften, wir haben Banken und Immobiliengesellschaften. Wir lassen uns nicht einschränken von Ängsten, die eventuell von irgendeiner Seite suggeriert werden. Vor allem als junger Mensch müssen Sie mobil sein, Sie müssen manchmal etwas riskieren. Beispielsweise war die Ost-Öffnung für die GRAWE eine unglaubliche Chance, die wir zur richtigen Zeit genutzt haben. Wir waren diesbezüglich zweifellos einer der Pioniere und der Erfolg gibt uns Recht. Die Botschaft lautet daher: trauen Sie sich etwas, gehen Sie es an, probieren Sie es. Und wenn die Dinge nicht so laufen, macht das nichts. Man kann durchaus einen Misserfolg haben, aber man muss dann auch wieder aufstehen. Wichtig ist auch, dass Sie letztlich einen Beruf finden, den Sie mit Freude ausüben. Wenn Sie beispielsweise im Immobilienbereich tätig sind, müssen Sie sich für Häuser interessieren. In unserem Haus müssen Sie vor allem gern mit Menschen arbeiten und kommunizieren. Ich bin der Meinung, dass wir als Konzern einiges dazu beitragen können, attraktive Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Denn 13 Länder und über 4800 Mitarbeiter ist nicht so wenig. Ich glaube jeder, der unter unserer Marke arbeitet, weiß, was er an der GRAWE hat. Das ist auf der einen Seite die Stabilität und auf der anderen Seite unser Bemühen, jugendlichen Mitarbeitern Entwicklungspotenziale aufzuzeigen, wenn sie das wollen – dazu müssen sie sich aber auch etwas trauen.

    Für den zweiten Teil wurde Mag. Klaus Scheitegel zum Thema Mobilität befragt. Welche Trends seiner Ansicht nach relevant werden und welcher Handlungsbedarf hieraus für die Versicherer resultiert, lesen Sie nächste Woche.

     

    Bildcredits: Wildundwunderbar

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